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Paludikultur

Paludikulturen = Doppelter Klimaschutz und Wertschöpfung

Die durch Torfoxidation verursachten hohen CO2-Emissionen können nur durch Wiedervernässung deutlich reduziert werden. Wiedernässte Moore sind aber nicht auf herkömmliche Art landwirtschaftlich nutzbar. Deshalb stößt Wiedervernässung gerade in Regionen mit hohem Mooranteil bisher auf eine geringe Akzeptanz der Landwirte. Hier setzt die Paludikultur an. Paludikultur – „Palus“ (lateinisch) steht für „Sumpf“ – ist die land- oder forstwirtschaftliche Nutzung nasser Moorflächen. Paludikulturen unterscheiden sich von einer reinen Wiedervernässung ohne Nutzung (Restauration) also darin, dass sie eine Nutzungsalternative bieten.

In Paludikulturen erzeugt man mit Pflanzenarten, die einen hohen Wasserstand gut vertragen, auf wiedervernässten Moorflächen Biomasse zur Energiegewinnung oder zur stofflichen Verwendung. Der Landwirt bleibt der Bewirtschafter seiner Flächen, was eine deutlich höhere Akzeptanz verspricht. Zudem ist das Treibhausgas (THG)-Minderungspotenzial größer als bei reiner Wiedervernässung: Es werden nicht nur die Emissionen aus der Fläche, sondern auch diejenigen der fossilbasierten Produkte und Energieträger vermieden, die die Paludikultur-Produkte ersetzen. Paludikultur bringt also doppelten Klimanutzen! Auch die Chancen für Wertschöpfung, Arbeitsplätze und Innovationen sind höher als bei alleiniger Wiedervernässung. Bei Paludikulturen sind Ökonomie und Ökologie auf einer Fläche vereinbar!

Schilf. Foto: L. Reisig

Schilf. Foto: L. Reisig

Paludikulturen zur Energieproduktion

Das Deutsche Biomasseforschungszentrum DBFZ hat den Einsatz von Gras und Schilf in Biogasanlagen untersucht (Endbericht). Praktische Erfahrungen mit der Biogaserzeugung aus Landschaftspflegematerial von Mooren sammelt der südwestlich von Bremen gelegene Hof Wendbüdel des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND): Er betreibt eine 50 kW-Biogasanlage (Trockenfermentation), die ausschließlich mit dem Mähgut von insgesamt 140 Hektar Grünland, davon 130 Hektar Feuchtgrünland gefüttert wird. Das Potential von Paludikulturen für Biogas wurde zudem kürzlich in einer Studie von Greenpeace Energy untersucht.

Eine Anlage in Malchin in Mecklenburg-Vorpommern zeigt, dass auch das Heizen mit Niedermoorbiomasse machbar ist. Seit 2014 betreibt die Agrotherm GmbH hier einen 800 kW-Biomasseheizkessel im Malchiner Heizwerk, der mit dem Aufwuchs von rund 300 Hektar Nasswiesen vom Ufer des Kummerower Sees befeuert wird. Bei den Flächen handelt es sich um Naturschutzflächen, die Biomasse besteht v.a. aus Seggen sowie aus Binsen, Rohrglanzgras und Schilf. Die Wärme wird über das örtliche Nahwärmenetz in Malchin an 490 Haushalte, zwei Schulen und ein Bürogebäude verteilt. Die Ernte erfolgt im Zeitraum Juni bis September mit an den feuchten Standort angepasster Technik (Breitreifen, leichte Rundballenpresse mit Tandemachsen). Einmal jährlich zu Mähen und das Mähgut abzufahren ist auch bei anderen Naturschutzflächen üblich. Beim Beispiel der Agrotherm GmbH fällt die Energie gleichsam als Nebenprodukt des Naturschutzes an (und kann zur Kostendeckung der Pflegemaßnahmen beitragen), oder – je nach Sichtweise – der Naturschutz auch als Nebenaspekt der Energiegewinnung.
Die Agrotherm GmbH erhielt für den Bau der Biomasse-Heizung eine Investitionsbeihilfe des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Ohne Investitionszuschüsse ist die Realisierung solcher Anlagen schwierig, da die Anlagenkosten deutlich höher als bei Erdgaskesseln sind. Die besonders klimafreundliche Energiegewinnung könnte jedoch eine Extra-Förderung rechtfertigen.

Ernte von Schilf, Bild: lenscape.org

Ernte von Schilf, Bild: lenscape.org

Stoffstromkette „Thermische Niedermoornutzung“ optimieren und übertragbar machen

Im laufenden Projekt „Optimierung der Biomasseproduktion auf nassen Moorstandorten und deren thermische Verwertung“ (BoNaMoor) wird die thermische Verwertung von Niedermoorbiomasse am Beispiel des Biomasse-Heizwerks Malchin evaluiert. Es werden Verbrennungsversuche mit verschiedenen Brennstoffen in Labor, Technikum und in der Praxisanlage Malchin durchgeführt. Die Forschenden der Universität Greifswald und der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin wollen den Erntezeitraum variieren, um verbrennungskritische Inhaltsstoffe zu reduzieren und den Nährstoffaustrag aus dem Moor gezielt steuern zu können. Außerdem stehen eine Wirtschaftlichkeitsanalyse, eine Ökobilanz und die Optimierung der Verwertungskette aus Klimaschutzsicht auf der Agenda.

Wie hier Stroh kann auch Niedermoor-Biomasse thermisch verwertet werden. Bild: satin_111, stock.adobe.com

Wie hier Stroh, kann auch Niedermoor-Biomasse thermisch verwertet werden. Bild: satin_111, stock.adobe.com